Im Rahmen einer Studie soll auch untersucht werden, ob die in der App bestimmte Refraktion valide genug ist, um Augenärzten nach einer Operation als Basis für eine augenärztliche Brillenverordnung zu dienen. „Das wäre gerade in der Pandemiezeit von Vorteil, da viele Kataraktpatienten durch Ihr hohes Lebensalter als Risikopatienten gelten und Arztbesuche meiden, gleichzeitig aber für eine Brillenkorrektur auf die augenärztliche Betreuung angewiesen sind."
Kein Ersatz für ärztliche Untersuchung
Prof. Szurman unterstreicht dabei: "Ein Online-Sehtest wird eine klinische Untersuchung durch einen Facharzt für Augenheilkunde niemals ersetzen. Dazu gehören auch Anamnese, Untersuchung und ärztliche Erfahrung. Gerade eine Refraktionsbestimmung als Teil einer klinischen Untersuchung ist mehr als nur ein Test mit einer App. Dennoch müssen diese Neuerungen wissenschaftlich evaluiert werden.“
Zwar wurde der Sehtest in einer randomisierten, kontrollierten und doppelblinden Studie mit den klinischen Standards verglichen und ist als gleichwertig bewertet worden. Damit liegt ein sehr hohes Evidenzlevel
Ib vor. Dennoch müsse untersucht werden, ob der Test auch im Real Life Einsatz den Anforderungen von Augenärzten genügt, um bei der Versorgung Ihrer meist älteren Patienten wirklich einen Mehrwert zu bringen.
Das Fernziel der telemedizinischen Forschungsprojekte sei, „die Vielzahl an digitalen Innovationen in der Medizin auch für die augenärztliche Praxis nutzbar zu machen. Dies könnte insbesondere Augenarztpraxen im ländlichen Raum dazu dienen, die Versorgung dort zu verbessern“, so Szurman.
Niedergelassene Ärzte als kooperierende Studienzentren
Da die klinische Behandlung sowie die operative Vor- und Nachsorge durch niedergelassene Augenärzte erfolgt, sind von Beginn an kooperierende Augenarztpraxen in das Forschungsprojekt eingebunden. Bereits zwei Praxen im ländlichen Raum haben mit der Online-Testung Ihrer Patienten begonnen, weitere Praxen sind als Studienzentren geplant. Die Studienpraxen lassen Ihre Patienten den Sehtest einschließlich Refraktionsbestimmung nach Kataraktoperation zunächst online durchführen und vergleichen diese Ergebnisse mit der anschließend augenärztlich erhobenen Refraktion. Interessierte Ärzte können sich beim Studienzentrum KHERI der Augenklinik Sulzbach, Institutsleiter Prof. Dr. Kai Januschowski melden.
Anwendung auch bei Kindern
Januschowski hatte in der Vergangenheit bereits angeregt, den Online-Test auch bei Kindern einzusetzen. Hier kommt das Potsdamer Unternehmen Caterna ins Spiel. Caterna bietet auf Basis der Easee-Technik einen Sehtest speziell für Kinder an. Im Gegensatz zum Test bei Erwachsenen beschränkt sich dieser auf die Kontrolle der Sehschärfe und verzichtet auf die Bestimmung der Brillenstärke. „Mittlerweile wird der Caterna-Test in einer Studie erprobt“, sagt Januschowski. Dabei ist es wichtig, dass die regelmäßigen orthoptischen und augenärztlichen Kontrollen nicht ersetzt werden können, allerdings soll ein möglicher positiver Nutzen für die Adhärenz untersucht werden.
Die Studien im Detail
1) Im BMBF-geförderten Verbundprojekt „InsisT“ wird eine interaktive Shutterbrille zur individualisierten Therapie von Amblyopie bei Kindern entwickelt, die über eine App für Smartphone und Tablet die Familie des Kindes einbezieht und es zukünftig den behandelnden Augenärzten erlauben soll, Ihre Patienten besser zu überwachen und die Therapietreue zu fördern.
2) Im Projekt „Easee Online-Sehtest“ wird eine App entwickelt, mit der Patienten vor dem Augenarztbesuch einen Online-Sehtest durchführen können, um die Untersuchungszeit in der Praxis zu verkürzen. Es soll in der zugehörigen Studie auch untersucht werden, ob die in der App bestimmte Refraktion valide genug ist, um dem niedergelassenen Augenarzt nach einer Operation als Basis für eine augenärztliche Brillenverordnung zu dienen.