„Nicht jede Klinik muss alles machen“

Wie die medizinische Versorgung im Saarland besser und kostengünstiger werden könnte, erläutert Stefan Groh im SZ-Gespräch. Der Leiter der Landesvertretung Saarland der Techniker-Krankenkasse plädiert für mehr Spezialisierung.

 
 

SAARBRÜCKEN | Die Versorgung der Patienten in saarländischen Krankenhäusern kann noch wirtschaftlicher und vor allem qualitativ besser werden. Das meint Stefan Groh, der Leiter der Landesvertretung Saarland der Techniker-Krankenkasse (TK). Er erwartet von der neuen Landesregierung „einen Plan zur Umgestaltung der Krankenhauslandschaft“ im Saarland. „Es geht nicht darum, Kliniken zu schließen, doch es müssen andere Schwerpunkte gesetzt werden“, sagt Groh. Was er nicht mehr akzeptieren will, sind gleiche Fachabteilungen in eng benachbarten Krankenhäusern. „Nicht jedes Haus muss alles machen“, sagt er. Ihm schwebt vor, dass sich selbst die größeren Kliniken auf spezifische Angebote konzentrieren. „Vorbilder hierfür sind das Herzzentrum an der SHG-Klinik in Völklingen und die Augenklinik im Knappschaftskrankenhaus Sulzbach.“

Derzeit führten die Mehrfachstrukturen auch dazu, dass zu viel operiert werde. Beispielsweise seien viele Operationen am Rücken aus medizinischer Sicht nicht erforderlich. Auch in der Endoprothetik, womit der Einbau künstlicher Gelenke gemeint ist, werde oft zu früh operiert. „In vielen Fällen wären Therapien ohne operative Eingriffe möglich, doch solche Operationen bringen den Kliniken höhere Erlöse. Und tatsächlich wollen die Krankenhäuser ja auch finanziell über die Runden kommen. Da das Saarland seiner Pflicht zu einer auskömmlichen Finanzierung der Investitionskosten der Krankenhäuser in den vergangenen Jahren nicht nachgekommen ist, müssen diese aus ihren Erlösen, die eigentlich zur Finanzierung der Betriebskosten wie etwa für Pflegepersonal und Ärzte gedacht sind, auch noch diese Lücke schließen“, führt Groh aus. Im Saarland liegt das Investitionsdefizit für alle Krankenhäuser laut einer Einschätzung des Gesundheitsministeriums und der Saarländischen Krankenhausgesellschaft aus dem Jahr 2019 bei rund 500 Millionen Euro.

„Die vermeidbaren stationären Behandlungen binden auch Fachpersonal, das angesichts des Personalmangels unbedingt effizienter eingesetzt werden muss – also dort, wo es auch wirklich gebraucht wird“, erklärt Groh. Die kleineren Krankenhäuser seien jedoch für die Grundversorgung wichtig. Damit sind leichte chirurgische Eingriffe gemeint, zum Beispiel Blindarm- oder Leistenbruch-Operationen, sowie internistische Behandlungen. „Für dieses Leistungsspektrum reichen wenige Betten aus.“ Für schwierige Eingriffe, für die ein besonderes Fachwissen und viel Erfahrung erforderlich seien, müssten die Patienten in einer entsprechend qualifizierten Klinik versorgt werden. „Es ist wichtig, dass Schlaganfallpatientinnen und -patienten in Kliniken mit Stroke Units versorgt werden. Dort haben sie die besten Überlebens- und Heilungschancen, weil eine optimale Diagnostik und Therapie geboten wird.“

Stefan Groh hält es für richtig, dass Krankenhäuser für besonders anspruchsvolle und komplizierte Operationen eine Mindestmenge von Eingriffen im Jahr nachweisen müssen. „Hochleistungsmedizin erfordert viel Erfahrung. Und damit steigt die Behandlungsqualität.“ Eine kürzlich durchgeführte Umfrage der Techniker-Krankenkasse hat ergeben, dass 92 Prozent der Saarländer für eine Operation lieber in ein spezialisiertes, auch weiter entfernt liegendes Krankenhaus gehen würden als in die nächstgelegene Klinik. Groh schwebt eine klare Aufteilung vor, die sich strikt am Bedarf orientieren müsse: Krankenhäuser der Grundversorgung, Kliniken mit spezifischen Schwerpunkten und Häuser mit Maximalversorgung. Im Saarland bieten das Universitätsklinikum in Homburg und das Winterberg-Krankenhaus in Saarbrücken eine Maximalversorgung.

„Bisher hat die Politik bei der Krankenhausplanung oftmals nur reagiert. Die Krankenhausträger haben neue Leistungsangebote geschaffen, welche dann von der Politik erst im Nachgang im Krankenhausplan ausgewiesen wurden. Richtig ist aber, dass die Politik die Strukturen vorgibt. Dabei müssen die Patienten im Vordergrund stehen“, betont Groh. So könnten beispielsweise mehr Operationen ambulant durchgeführt werden. Das sei für Patientinnen und Patienten angenehmer, weil sie schneller wieder zu Hause seien und sich dort erholen könnten. Außerdem setze das Kapazitäten in den Kliniken und beim Pflegepersonal frei. „Die Medizin hat sich in den vergangenen drei bis fünf Jahren deutlich weiterentwickelt. Heute kann viel mehr ambulant operiert werden, aber oft werden die Patienten noch stationär behandelt“, sagt Groh. Das sei für die Kliniken vor allem finanziell attraktiver.

Neben der Krankenhausstruktur müsse auch die Krankenhausfinanzierung angepasst werden. „Aus Sicht der TK sollten die Fallpauschalen beibehalten, aber je nach Versorgungsstufe und Lage um Vorhaltekosten und Qualitätszuschläge ergänzt werden“, sagt Groh. Für bedarfsgerechte kleinere Häuser, die sich wirtschaftlich nicht tragen, sieht Groh die Umwandlung zu einem Regionalen Gesundheitszentrum als Alternative. Hier arbeiten mehrere Facharztpraxen unter einem Dach zusammen, die auch ambulante Operationen anbieten. „Somit haben auch Patienten in ländlichen Regionen eine erste Anlaufstelle für eine gute medizinische Versorgung“, sagt Groh. „Bei Bedarf werden sie in ein passendes Krankenhaus weitergeleitet.“

Einen Qualitätsschub für die Medizin erhofft sich Groh von der Digitalisierung. Ein Kernstück ist die elektronische Patientenakte. Auf sicheren Servern werden alle Patientendaten gespeichert: Diagnosen, Therapien, Medikation, Röntgenbilder, Operationen und Abrechnungen. Wenn die Patienten zustimmen, dürfen niedergelassene Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser, Pflegedienste oder Therapeuten darauf zugreifen. Dadurch könnten zum Beispiel unnötige Mehrfachuntersuchungen ausgeschlossen werden. „Doch derzeit werden gerade mal 20 Prozent der Möglichkeiten einer solchen Zusammenarbeit genutzt“, sagt Groh. Er plädiert daher für einen schnelleren Ausbau der Digitalisierung. „Sie macht ja bereits Sprechstunden per Video möglich, bei schwierigen Operationen können sich Experten aus anderen Kliniken zuschalten, und ich denke, bald werden das elektronische Rezept und die elektronische Krankschreibung der Standard sein.“

 

SZ-Artikel vom 09.05.2022

 

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