Welche Patienten sind für eine DMEK geeignet?
Grundsätzlich ist jede Art der endothelialen Hornhautdekompensation mit einer DMEK behandelbar. Die Fuchs'sche Endotheldystrophie ist mit Abstand die häufigste Indikation für eine Deszemetmembran-Transplantation. Auch Patienten mit postoperativer bullöser Keratopathie oder Patienten mit einem druckinduzierten Endothelschaden mit konsekutiver Hornhautdekompensation können wir erfolgreich mittels DMEK behandeln.
Allerdings kommt es bei lange bestehender Hornhautquellung zu einer stromalen Mitbeteiligung. Diese stromalen Narben bilden sich nach einer DMEK nur sehr langsam zurück, sind jedoch bis zu einem gewissen Grad keine Kontraindikation.
Wussten Sie schon?
Eine Verringerung der Sehschärfe ist nicht das einzige Symptom einer Hornhautschädigung. Auch eine erhöhte Blendempfindlichkeit oder das ständige Gefühl, durch eine Milchglasscheibe zu blicken, können Indikatoren sein.
Fuchs’sche Endotheldystrophie mit typischem gehämmertem Reflex im Spaltlampenbild (links) und im regredienten Licht (Mitte) sowie ausgeprägter Polymorphismus in der Endothelzellmikroskopie (rechts)
Wann ist der richtige Zeitpunkt zur Indikationsstellung für eine DMEK?
Die Entscheidung über den richtigen Zeitpunkt für eine DMEK, insbesondere bei Patienten mit seit Jahren vorbeschriebener Cornea guttata, ist nicht immer einfach. Wichtige Hinweise für das Fortschreiten der Erkrankung sind die Zunahme der Hornhautdicke in der Pachymetrie sowie eine Abnahme der Zellzahl in der Endothelzellmessung.
Der häufigste präoperative Visus vor DMEK bei uns ist derzeit 0,2 – 0,6. Es sollte also nicht zu früh operiert werden, jedoch sollte die Indikation auch nicht zu spät erfolgen.
Das hat 2 Gründe:
- Patienten mit Fuchs’scher Endotheldystrophie sind bereits bei noch relativ gutem Visus durchaus stark behindert und klagen über Verschwommensehen „wie durch eine Milchglasscheibe“ sowie eine deutlich erhöhte Blendempfindlichkeit. Der Visus sollte also nicht alleiniges Kriterium sein, sondern auch der subjektive Leidensdruck berücksichtigt werden.
- Die postoperative maximale Visusprognose ist sehr stark abhängig von einer frühzeitigen Operation. Ein lang bestehendes, stromales Ödem führt zu mikrozellulären Umbauprozessen und damit zu einer dauerhaften Veränderung der Mikroarchitektur der Hornhaut. Dieses Ödem ist an der Spaltlampe in leichten bis mittleren Fällen nicht gut zu sehen. Deshalb ist die Pachymetrie eines der wichtigsten Monitoring-Instrumente zur Beurteilung des idealen Operationszeitpunktes. Eine Hornhautdicke von 580 - 600 Mikrometern kann bereits kritisch sein, lässt sich jedoch an der Spaltlampe nicht ohne weiteres erkennen - anders als bei einem Hornhautepithelödem! Auffällig ist, dass Patienten nach erfolgreicher DMEK Operation am 2. Auge sich deutlich früher operieren lassen möchten, teilweise mit Visus von 0,8 oder besser, da sie subjektiv meist mehr profitieren als es der Visusgewinn alleine vermuten lässt. Anders gesagt: DMEK-Patienten sind meist überaus zufrieden.
Endothelmikroskopie im Vergleich: Gute Restitution des hexagonalen Musters nach DMEK
Ist eine DMEK auch bei fortgeschrittener Trübung der Hornhaut möglich?
Da die Vorteile einer DMEK im Vergleich zu einer perforierenden Keratoplastik so ungleich weit überwiegen, sollte auch bei beginnender stromaler Narbenbildung eine DMEK möglichst bevorzugt werden. Zwar führt eine lange bestehende Hornhautdekompensation zu einem intrastromalen Haze, allerdings ist eine leichte Haze-Entwicklung über Monate langsam reversibel. Selbst in Augen mit einer fortgeschrittenen stromaler Trübung, die sich nicht mehr vollständig zurückbildet, ist eine DMEK meist die bessere Alternative: Es muss berücksichtigt werden, dass die meist älteren Fuchs-Patienten von der kurzen OP-Zeit, einer deutlich verkürzten Rehabilitationszeit, der besseren mechanischen Einheilung, der einfacheren Nachsorge und einer Astigmatismus-armen Hornhautarchitektur profitieren.
Man darf sich nicht täuschen lassen: Auch bei vermeintlich sichtbarem Haze klart die Hornhaut häufig erstaunlich gut auf.
Warum DMEK und keine DSAEK?
Die DSAEK (descemet stripping automated endothelial keratoplasty) ist ein weiteres, prinzipiell verfügbares, posterior lamellierendes Verfahren. Dabei wird eine mittels eines Mikrokeratoms präparierte 80-150µm dicke Lamelle, bestehend aus Endothel, Deszemetmembran und hinterem Hornhautstroma in das Empfängerauge transplantiert. Die Vor- und Nachteile liegen dabei in der Natur des Eingriffs: Das intraoperative Handling ist aufgrund der Dicke und der Stabilität der Membran bei der DSAEK etwas einfacher. Jedoch beeinflusst das mittransplantierte Hornhautstroma den postoperativen visuellen Outcome signifikant negativ. Einerseits dauert es insgesamt länger bis zur Visuserholung. Langfristig erreichen nur wenige Patienten eine akzeptable Sehkraft. Der Grund dafür ist das stromale Interface zwischen dem Transplantat und der Empfängerhornhaut, das häufig einen postoperativen Haze aufweist. Auch die Transplantat-Abstoßungsrate liegt mit bis zu 14% deutlich höher als nach einer DMEK (< 1%). Wir führen deshalb seit 2008 keine DSAEK mehr durch, sondern alleinig die DMEK.
DSAEK im Spaltlampenfoto und im OCT. Sehr dicke Lamelle im Vergleich zur DMEK
Warum keine perforierende Keratoplastik?
Die Vorteile einer DMEK überwiegen so erheblich gegenüber einer perforierenden Keratoplastik, dass letztere bei endothelialen Erkrankungen nur noch in seltenen Fällen angewendet werden sollte. Die Gründe dafür sind zahlreich:
- Die Visusrehabilitation dauert meist 1.5 Jahre, was gerade für ältere Patienten mühsam ist. Nach einer DMEK wird der Lesevisus meist schon in der 1. Woche erreicht.
- Die mechanische Stabilität ist lebenslang reduziert, während die DMEK eher der Situation nach Kataraktoperation ähnelt
- Die postoperative Nachsorge ist aufwändiger und die Kontrollintervalle sind häufiger als bei der DMEK
- Der mittlere postoperative Visus ist schlechter als bei der DMEK
- Der hohe, häufig auch irreguläre Astigmatismus limitiert den Endvisus, während die DMEK nahezu Astigmatismus-frei ist
- Das Abstoßungsrisiko ist deutlich höher als nach einer DMEK
- Auch bei einer leichten bis moderaten stromalen Trübung profitieren die Patienten eher von einer DMEK als einer perforierende Keratoplastik
Vergleich Volltransplantation (links) und DMEK (rechts). Bereits 5 Tage nach DMEK ist die Sehkraft besser als 6 Monate nach Volltransplantation
Was sage ich meinen Patienten, welche Vorteile die DMEK für ihn hat?
Der wichtigste Vorteil ist die deutlich verkürzte Rehabilitationszeit. Patienten nach DMEK haben meist nach 2-6 Wochen, ähnlich wie nach einer Katarakt-Operation, bereits einen nahezu stabilen Visus im Vergleich zu 1,5 Jahren nach perforierender Keratoplastik. Gerade bei älteren Patienten ist das ein wichtiges Argument. Hinzu kommt, dass durch die nahezu Astigmatismus-freie Operationsmethode der postoperative Visus auch langfristig besser ist als nach perforierender Keratoplastik. Außerdem besticht die DMEK durch ein niedriges langfristiges Transplantat-Abstoßungsrisiko von ≤ 1%.