Eine angeborene Katarakt zeigt sich entweder als isolierte Zone (Zonulare Katarakt) oder als komplette Durchtrübung. Nicht immer besteht aber eine „typische“ Linsentrübung. Auch Veränderungen der Linsenform, Trübungen der Linsenkapsel oder Veränderungen des benachbarten Gewebes können pathologisch sein. Wir beraten Sie, ob eine Therapie nötig ist und welche für Ihr Kind die richtige ist.
Wussten Sie schon?
Mehr als die Hälfte aller Sinneseindrücke werden durch das Auge wahrgenommen. Der Aufbau ähnelt einer Kamera: Die Linse sitzt direkt hinter der Pupille und bündelt die einzelnen Lichtstrahlen wie ein Objektiv auf die Netzhaut. Nur wenn die Lichtstrahlen genau auf der Netzhaut gebündelt werden, sehen Sie scharf. Jede Trübung der Augenlinse stört diese exakte Lichtbrechung, deshalb führt der Graue Star zum schlechten Sehen.
Mittendorf-Fleck
Als Mittendorf-Fleck wird eine angeborene kreisrunde, milchige Trübung der hinteren Linsenkapsel bezeichnet. Häufig finden sich daneben kleine Gefäßreste der embryonalen Gefäßversorgung, die sich nicht rechtzeitig zum Ende der Schwangerschaft vollständig zurückgebildet haben. Solange keine ausgeprägte Linsentrübung besteht, überwachen wir den Befund lediglich engmaschig.
Abbildung: Polstar mit Mittendorf-Fleck und davon ausgehendem Gefäß (Arteria hyaloidea)
Persistierende Pupillarmembran
Als persistierende Pupillarmembran werden Reste der fetalen Pupillarmembran bezeichnet, die auf der vorderen Linsenkapsel liegen. Diese Membran gehört zur normalen Entwicklung eines Fötus, entwickelt sich aber normalerweise noch während der Schwangerschaft vollständig zurück. Diskrete Reste einer solchen Pupillarmembran finden sich auch bei gesunden Kindern erstaunlich häufig, die Sehkraft ist jedoch meist nicht gestört. Ausgeprägte Fälle – bei denen die Sehkraft deutlich eingeschränkt ist – sind selten. Unbehandelt kann das zur Schwachsichtigkeit führen.
Die Pupillarmembran kann sich in den ersten Lebenswochen evtl. noch zurückbilden. Kinder mit einer diskreten Pupillarmembran beobachten wir deshalb nur in regelmäßigen Abständen, um ggf. bei drohender Schwachsichtigkeit einzuschreiten. In ausgeprägten Fällen können wir die Pupillarmembran gut und vollständig entfernen.
Ausgeprägte Pupillarmembran mit Sehbeeinträchtigung vor (links) und nach (rechts) der Operation
Polstar
Poltrübungen der Linse sind in der Regel scharf begrenzt, scheiben- oder pyramidenförmig. Sie sind selten mit einer vorderen oder hinteren Einziehung der Linse kombiniert. Der vordere Polstar beruht möglicherweise auf einer Rückbildungsstörung der Pupillarmembran und schreitet nach der Geburt in der Regel nicht mehr fort. Die resultierende Sehminderung ist unterschiedlich. Als „kritische Grenze“ bei den vorderen Poltrübungen gilt ein Durchmesser von 3 mm. Ein hinterer Polstar ist gefährlicher, weil die Sehkraft früher gemindert ist. Bei sehr kleinen Trübungen führen wir in Zusammenarbeit mit unserer Sehschule eine Okklusionsbehandlung (Abkleben des besseren Auges) durch, bei ausgeprägter Trübung mit drohender Sehminderung ist eine Operation notwendig.
Typische Begleitprobleme bei einem hinteren Polstar:
- Reste der A. hyaloidea
- Posteriorer Lentikonus
- PHPV
Verformungen der Linse (Lenticonus)
Verformungen der Linse mit Ausstülpung der vorderen (Lenticonus anterior) oder hinteren (Lenticonus posterior) sind selten und meist auch dezent. Deshalb werden Linsenverformungen häufig übersehen, da auch diskrete Veränderungen eine ausgeprägte Sehminderung bewirken können.
Lenticonus posterior
- Selten, einseitig, sporadisch
- Reste der A. hyaloidea
- Schreitet meist voran
- Säugling bis frühe Kindheit
- Hohe Gefahr der Schwachsichtigkeit (Amblyopiegefahr)
Lenticonus anterior
- Meist beidseitig
- Assoziiert mit fleckförmigen Einlagerungen in der Netzhaut
- Assoziiert mit Hornhauterkrankung (Hintere polymorphe Dystrophie)
- Assoziiert mit Alport-Syndrom in 90%!