Projekt-Zusammenfassung
Gesamtziel des Verbundprojekts ist eine interaktive und kontextsensitive Shutterbrille mit sensorischem Feedback zur individualisierten Therapie von Schwachsichtigkeit bei Kindern, die über eine inter-aktive, benutzerfreundliche App für Smartphone und Tablet die Familie des kindlichen Patienten sowie das behandelnde medizinische Fachpersonal in die Verlaufskontrolle und Therapieoptimierung miteinbezieht. Wir streben an, mit diesem körpernahen Medizinsystem die durchschnittliche Tragezeit im Vergleich zur derzeitigen Situation mindestens zu verdoppeln und durch die erhöhte Therapieadhärenz die Zahl der erfolgreichen Therapien deutlich zu erhöhen.

Wussten Sie schon?
Die Amblyopie stellt weltweit eine der häufigsten kindlichen Sehstörungen dar. Die häufigsten Ursachen für die Entwicklung einer Amblyopie sind Refraktionsfehler (Kurz-, Weit- oder Stabsichtigkeit) und Schielfehlstellungen. In der sogenannten „sensitiven Phase“ des Sehens, die bis zum 7. Lebensjahr andauert, reagiert das visuelle System sehr empfindlich auf die Unterdrückung des Seheindruckes. Die Therapie sollte deshalb frühzeitig, also vor dem 7. Lebensjahr begonnen werden, da die Amblyopie in der Entwicklungsphase des Sehens vollständig oder zumindest teilweise reversibel ist.

 

Amblyopie bei Kind Klinischer Hintergrund
Mit einer Prävalenz von 3–5% bildet Schwachsichtigkeit, auch Amblyopie genannt (griech.: stumpfe Sicht), eine der häufigsten Ursachen für Sehbehinderungen während der ersten Lebensjahre. Es handelt sich dabei um eine Unterentwicklung desjenigen Teils des Nervensystems, das für die Verarbeitung visueller Information erforderlich ist. Die Erkrankung kann sich insofern verhängnisvoll auswirken, als sich das lebenslange Risiko einer Erblindung beidseits infolge Erkrankung bzw. Traumatisierung auch des gesunden Auges nahezu verdreifacht. Ursächlich finden sich häufig zunächst organisch bedingte Sehbehinderungen im frühen Kindesalter, wie ein- oder beidseitiger Refraktionsfehler, Schielen oder eine frühkindliche Katarakt. Nach bestmöglicher Korrektur der organischen Ursachen wird die Amblyopie bisher standardmäßig durch Okklusion des besseren Auges mit einem verdunkelnden Pflaster therapiert, wobei der Therapieerfolg von der Okklusionstragezeit abhängt. Als Alternative wird derzeit, mit vielversprechenden Studienergebnissen, auch eine modische elektronische „Shutterbrille“ mit einem LCD-Brillenglas verwendet, mit der das bessere Auge durch Opazifizierung des Brillenglases rhythmisch im 30-Sekunden-Takt okkludiert wird.

Warum sind bestehende Standardtherapien nicht ausreichend?
Die eigentliche Herausforderung in der Therapie besteht per se darin, dass die Therapieadhärenz, insbesondere beim Verdecken des gut sehenden Auges mit einem unbequemen, entstellenden und daher vom Kind schlecht akzeptierten Klebepflaster, sehr unbefriedigend ist. Auch mit den modernen Shutterbrillen ist die Therapieadhärenz, wenngleich besser, häufig noch nicht hinreichend, weshalb unnötig viele Therapien versagen.

Zielsetzung
Bei der im Vorhaben anvisierten interaktiven Shutterbrille handelt es sich um ein unmittelbar am Körper getragenes medizintechnisches System. Die Brille steht in direkter Interaktion mit dem kindlichen Nutzer, indem sie diesem ein direktes, sensorbasiertes Feedback übermittelt und damit sofortige Korrekturmaßnahmen ermöglicht. Eltern und medizinischem Fachpersonal wird täglich ein gebündeltes Feedback bereitgestellt, so dass längerfristig nachhaltige Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden können. Außerdem wird die Therapie kontextsensitiv an die jeweilige Situation angepasst. Wir erwarten uns eine deutlich höhere Therapieadhärenz und damit eine bessere Patientenversorgung, wenn das Kind bei falsch sitzender oder abgesetzter Brille durch unmittelbares kindgerechtes Feedback zur Korrektur des Brillensitzes bzw. zum Aufsetzen der Brille motiviert wird, und zusätzlich das Trageverhalten sowie die Zeiten effektiver Okklusion täglich an Eltern und medizinisches Fachpersonal übermittelt und damit überwacht werden können. Die gewonnenen Daten werden darüber hinaus für eine wissenschaftliche Auswertung der Therapie-Compliance eines größeren Patientenkollektivs herangezogen. Die bereits qualitativ festgestellte Dosis-Wirkungsbeziehung ließe sich erstmals wissenschaftlich fundiert quantifizieren.
Wird die Shutterbrille zusätzlich mit Sensorik ausgestattet, lässt sich deren Okklusionsverhalten, abhängig vom jeweiligen situativen Kontext, auch aktiv steuern: Geringe körperliche Aktivität des Kindes erlaubt eine maximale Okklusionsdauer des gesunden Auges zwecks Optimierung des Trainingseffekts für das schwachsichtige Auge, während bei sportlicher Aktivität die Okklusion ausgesetzt werden sollte, um Unfälle aufgrund des sonst fehlenden räumlichen Sehvermögens zu vermeiden.

Wie ist der Projektstand?
Das Vorhaben bekam ein positives BMBF-Votum in der Kategorie „Systemische Umsetzungen und Interaktionskonzepte für eine bessere Handhabung körpernaher Medizintechniksysteme“. Ein Start für die Entwicklung ist mit allen Kooperationspartner, Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT und Novidion GmbH, ab April 2017 geplant.

Das Projektteam
Prof. Dr. med. Kai Januschowski (Arbeitsgruppenleiter)
Dr. med. Annekatrin Rickmann (Arbeitsgruppenleiterin)
Prof. Dr. med. Gesine Szurman
Caroline Emmerich

InsisT-System mit Shutterbrille Abbildung: Darstellung des InsisT-Systems. Die mit multimodalen Sensoren und Patientenfeedback ausgestattete Shutterbrille kommuniziert über eine Bluetooth-Schnittstelle bidirektional mit einem Smartphone, wobei die zugehörige Software von den Eltern des Kindes intuitiv bedienbar ist. Das Smartphone übermittelt relevante Daten an eine über das Internet zugängliche Patientenakte, die vom behandelnden Arzt über eine Internetschnittstelle abgerufen und ausgewertet werden kann.

 

Publikationen
Januschowski K., Bechtold T. E., Schott T. C., Huelber-Januschowski M. S., Blumenstock G., Bartz-Schmidt K. U., Besch D. and Schramm C. (2013). "Measuring wearing times of glasses and ocular patches using a thermosensor device from orthodontics." Acta ophthalmologica 91(8): e635-640.

Januschowski K, Schramm C: Amblyopietherapie im Wandel der Zeit DOG-Symposium (DO26), DOG 2016

Limitations of the TheraMon® -microsensor in monitoring occlusion therapy. Schramm C, Abaza A, Blumenstock G, Bechtold TE, Rickmann A, Bartz-Schmidt KU, Besch D, Januschowski K. Acta Ophthalmol. 2016 Dec;94(8):e753-e756. doi: 10.1111/aos.13134. Epub 2016 Jun 27. PMID: 27350046

Mehr Infos zur interaktiven Shutterbrille
www.insist-brille.de

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